Luftschacht, Belletristik, Fausts Fall (Deutsch, Manfred Rumpl, 2007)
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"Ich hatte einfach keine Lust mehr, fortwährend nur ich zu sagen. Ich wollte mich endlich selbst Faust nennen. Das war mein Name: Faust. Alle andern riefen mich schon immer nur Faust, meine Spielgefährten in der Kindheit, Lehrer, meine Geschwister sogar. Exfrau und Tochter nennen mich heute noch so, wenn ich sie treffe, was, wie ich zugebe, ziemlich selten der Fall ist. Mein Vorname spielte tatsächlich nie eine Rolle in meinem Leben, außer daß es ihn - von der Geburtsurkunde abgesehen - praktisch nicht gab, und so ziehe auch ich es vor, ihn unerwähnt zu lassen. Nenn mich also einfach Faust, falls du, abseits dieser Seiten, einmal an mich denkst. Mein langjähriger Freund Paulus hat mich immer so genannt, und so weit ich zurückdenken kann, haben auch meine Eltern stets so zu mir gesagt. Ob sie schon das Baby mit dem Familiennamen bedacht, geherzt und gerufen haben? Ich weiß es nicht mehr, und im übrigen ist es mir auch egal. Vielleicht hast du das Bedürfnis, meinem verschollenen Vornamen nachzuspüren, um mir näher zu kommen, oder auch nur, um mich endgültig einordnen zu können: dann, wenn du mich besser zu kennen glaubst. Nachts, wenn ich oft schlaflos nur so daliege und durch die Zeit streife, vergesse ich, daß ich meinen Namen je gewußt habe - Buchstaben, auf die ich doch immerhin getauft wurde -, ja ich vergesse sogar, daß ich ich bin. Ich bin dann ein anderer, bin viele andere, bin alle und alles und niemand, und das ist gut so. Es hilft mir zu vergessen, wer und was ich einmal war. Ich kann sagen, dass mein Leben einen Aufschwung nimmt, seit ich versuche, Ordnung in die Gedanken meiner Schlaflosigkeit zu bringen. Jetzt erst sehe ich, wie zerstört ich schon war, fix und fertig, ganz nahe am Abgrund. Ich nannte mich also Faust.".
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