Charles Verlag, Sachbücher, Überleben - Übers Leben. Blumen und Applaus (Deutsch, Sven Zimmermann, 2020)
34,00 €
Vorwort:Seit meiner Schriftsetzerlehre, da ein weitsichtiger Meister mich früh von bloßen Effizienzarbeiten befreite und stattdessen mit gestalterischen Aufgaben betraute, also seit der sinnlichen Begegnung mit Buchstaben, Schriften, Texten, Formen, Farben, mit Kunden wie Autoren, Designern, Künstlern seit der (dank guten Lehrlingssalärs) immer häufiger werdenden Besuche des örtlichen Jazz-Clubs, der Fahrten zu den Konzerten Bill Haleys und der Beatles, später zu Klassikkonzerten und Aufführungen im Theater seit der frühen Lust an Wänden voller Bildkunst und Regalen voller Bücher bin ich den Verlockungen und Anregungen der Kultur und ihrer Künste verfallen. Das gilt bis heute im Alter, und es gilt für (fast) jede Musik, zeitgenössische Bild- und darstellende Kunst, Literatur, und - nicht geringer zu schätzen - die Kunst guter Küche, feiner Getränke und einladender Gastronomie! Lange haben wir die Segnungen dieser Vielfalt wie selbstverständlich aufgenommen und genossen. Und, da sie quasi alltäglich verfügbar waren, uns selten bewusst gemacht, was und wie viel sie uns bedeuten. Erst wenn wegen der Corona-Pandemie viele unserer Neigungen, Süchte und Sehnsüchte nicht mehr befriedigt werden, wenn die Stätten der Lust geschlossen sind, die Stimmen der Künste verstummen, wenn die uns sozial wie emotional bewegenden Erlebnisse ausbleiben, wenn das Face-to-Face, das Direkte, Authentische nur noch synthetisch per Monitor, notdürftig in Gärten und auf Straßen oder in festen Spielstätten maskiert und mit unsozialem Abstand häppchenweise zu haben ist, dann beginnen wir zu spüren, wie arm unser Leben ohne Kultur und Künste ist. Ob wir der klassischen Musik huldigen, auf Rock, Pop, Folk, Rap, Jazz stehen, süchtig nach Oper, Schauspiel, Ballett, Kabarett, Comedy oder Figurentheater sind, Lesungen aller Art lieben, Filme der dünnen TV-Kost vorziehen, ob es uns auf Weinfeste, Jahrmärkte oder in Stammkneipen treibt - der plötzliche Mangel wirkt wie ein ästhetischer Knockout! Die Pandemie lehrt uns drastisch: Nichts befördert unsere Neugier, schärft die Wahrnehmung, animiert die Sinne (die Ästhetik), beflügelt die eigenen (im Zeitalter der Ökonomie ohnehin stark dezimierten) schöpferischen Potentiale und schenkt schier unbegrenzte Freude so sehr wie die Vielfalt der Künste und ihre Akteure.Wenn nun, nach etlichen Monaten kulturellen Lockdowns, auch noch die eigentlichen "Kultur Schaffenden" - die Musiker, Komponisten, Autoren, Erzähler, Dozenten, Tänzer, Schauspieler, Regisseure, Bildkünstler, die Veranstalter, Produzenten, ihre Techniker jedweden Geschlechts etc. etc. - in existentielle Not geraten, müssen nicht nur sie, sondern wir als Kulturrezipienten die Stimme erheben: Ein Staat, der sich auch kulturell definiert, hat die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, nicht nur seine ökonomische, sondern ebenso seine kulturell-künstlerische Basis zu sichern! Und eine Gesellschaft, die sich in Sonntagsreden als Kulturnation feiert, kann jetzt beweisen, dass Mäzenatentum (im Kleinen wie im Großen) für sie kein Fremdwort ist! Und sie kann der hier und da wieder aufkeimenden Auffassung, Not mache - wie man sehe - doch erfinderisch, weshalb arme Poeten (Künstler) die eigentlich Kreativen seien, entschlossen entgegentreten: Armut schafft Leid, keine Kreativität!Halten wir uns an den (verstorbenen) Doyen der französischen Historiker, Jaques LeGoff: "Europa wird kulturell existieren oder es wird nicht existieren." Das gilt mithin für Deutschland, aufgrund seiner Geschichte vielleicht im Besonderen. Und es gilt für das Land zwischen Nord- und Ostsee, jenes "Land der Horizonte", das JETZT beweisen kann, was ihm die Kultur wert ist ...Björn Engholm.
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