Mathematik im Abendland, Fachbücher von Helmuth Gericke

Ursprünglich sollte in diesem Buch, als Fortsetzung der 'Mathematik in Antike und Orient', die gesamte abendindische Mathematik im Umfang einer zweistündigen Vorlesung behandelt werden. Das Schicksal der Mathematik im Mittelalter, das Überleben eines Restes der griechischen Kenntnisse und die Wiedergewinnung aller dieser Kenntnisse hat mich jedoch so beschäftigt, dass ich ihm mehr Raum gegeben habe. Ich wollte auch nicht darauf verzichten, über die Werke von wenigstens für ihre Zeit bedeutenden Mathematikern ausführlich zu berichten und ausgewählte Stücke (meist Aufgaben) vollständig vorzuführen. So endet dieses Buch mit der Algebra und der Geometrie von Descartes (1637). Die Mathematikgeschichte hat hier keinen sehr scharfen Einschnitt, zumal Fermat und Descartes durch Extremwert- und Tangentenbestimmungen wichtige Vorarbeiten für die Entstehung der Infinitesimalrechnung geleistet haben. Aber mit der hier nicht mehr behandelten Infinitesimalrechnung beginnt doch die Mathematik des Unendlichen, das vorher zwar manchmal Gegenstand des Nachdenkens, aber noch nicht des mathematischen Kalküls war. Die Quellen der mittelalterlichen Wissenschaft sind Handschriften, deren Studium eine eigene Wissenschaft ist. Ich habe selbst keine Handschriften im Original studiert, sondern mich nur auf Editionen gestützt. Solche sind etwa seit der Mitte des vorigen Jahrhunderts (z. B. Boncompagni's Edition der Werke von Leonardo von Pisa 1857, 1862) in immer grösserem Umfang und mit grosser philologischer Gründlichkeit veranstaltet worden. Ich möchte hier nur die zahlreichen Editionen von Maximilian Curtze aus der Zeit von 1885 bis 1903 nennen, ferner die von Kurt Vogel und von Wolfgang Kaunzner, denen ich auch persönlich viel verdanke.