Vergleichende Neuropathologie des Menschen und der Tiere, Fachbücher von Ernst Frauchiger, Rudolf Fankhauser

Ich habe vor kurzem auf die bedauerliche Tatsache hingewiesen, dass vergleichend-pathologisch-anatomische Kenntnisse fast vollständig fehlen, und zwar zum grössten Teil deshalb, weil viele Erkrankungen des Nervensystems, denen wir beim Menschen so häufig begegnen, die Tiere vollständig verschonen. Sicher sind solche Erkrankungen auf dem Gebiet des Nervensystems bei Tieren selten, aber vielleicht weniger selten, als wir geneigt sind anzunehmen; es ist eben in dieser Hinsicht zu wenig Fleiss aufgewendet worden. In letzter Zeit macht sich ein sehr erfreulicher wissenschaftlicher Aufschwung in den Veterinärinstituten bemerkbar, und unsere Kenntnisse von den Nervenkrankheiten der Tiere und deren anatomischem Substrat haben dadurch begonnen - aber eben nur begonnen - sich in erwünschter Weise zu erweitern. Wenn wir aber auch die neuesten Lehrbücher über die Pathologie der Haustiere durchmustern, so ist die Ausbeute an pathologisch-anatomischem Material bezüglich der Nervenkrankheiten immer noch eine sehr unbefriedigende, namentlich dann, wenn wir etwa gar eine feinere mikroskopische Untersuchung erwarten. Diese Zeilen, die Obersteiner in einer Übersichtsarbeit zur Methodologie in der neurologischen Forschung im 2. Heft der 'Arbeiten aus dem Neurologischen Institut Wien' schrieb, haben leider auch heute noch Geltung. Es brauchte mehr als 50 Jahre, bis diese Lücke ausgefüllt wurde. Sie wurde nun durch die prächtige Monographie, welche uns heute die Professoren Frauchiger und Fankhauser vorlegen. Für diesen Rückstand im Ausbau unserer pathologisch-anatomischen und klinischen Kenntnisse der tierischen Nervenkrankheiten gibt es übrigens zahlreiche Gründe und Entschuldigungen.