Velbrück, Fachbücher, Die Moderne im interkulturellen Diskurs (Deutsch, Hans, Ben-Abdeljelil Schelkshorn, 2012)
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Im 18. Jahrhundert entsteht im europä ischen Denken ein »Diskurs ü ber die Moderne« (Habermas, Foucault), in dem die gesellschaftlichen und kulturellen Umwä lzungen seit dem 15. Jahrhundert im Rahmen einer geschichtlichen Selbstvergewisserung verarbeitet werden. Der Diskurs ü ber die Moderne ist von Anfang in unterschiedliche Disziplinen zersplittert, die von den Geschichts- ü ber die Sozialwissenschaften bis hin zur Philosophie und Kunsttheorie reichen. Die »Moderne« ist daher ein ä uß erst vieldeutiger Begriff, der je nach theoretischer Ausrichtung mit unterschiedlichen Chronologien verbunden ist. Durch die transozeanische Expansion seit dem 15. Jahrhundert ist die Moderne von Anfang an ein globales Phä nomen, dem sich inzwischen keine Kultur mehr entziehen kann. In den europä ischen Modernediskursen kommen allerdings »andere« Kulturen primä r als Objekt der Analyse vor, und zwar sowohl in den aufklä rerischen Fortschrittstheorien als auch in kulturalistischen Konzeptionen. Aus diesem Grund war der Diskurs ü ber die Moderne bis vor kurzem ein Monolog des europä ischen bzw. nordamerikanischen Denkens. Seit dem 19. Jahrhundert sind jedoch in verschiedenen Regionen der Welt Denkbewegungen entstanden, in denen die Herausforderungen der europä ischen Zivilisation jeweils mit den eigenen kulturellen Traditionen vermittelt werden. In diesem Sinn kö nnen die neohinudistischen Philosophien von Raman Mohan Roy bis Mahatma Gandhi, die Kyoto-Schule in Japan, die von Juan Bautista Alberdi begrü ndete Tradition einer »filosofía americana« oder die Ansä tze einer Erneuerung des arabisch-islamischen Denkens, die vor allem von Saiyid Ahmad Kahn und Al-Afgani angestoß en worden sind, als auß ereuropä ische Beiträ ge zum »Diskurs ü ber die Moderne« verstanden werden. In der europä ischen Philosophie sind allerdings Moderne- Diskurse auß erhalb der Grenzen der westlichen Welt bis vor kurzem weitgehend ausgeblendet worden. Erst in jü ngerer Zeit erwacht vor allem im Kontext der »interkulturellen Philosophie« das Interesse an auß ereuropä ischen Denkformen, das nicht einer Neugier nach dem Exotischen, sondern einem sachlichen Motiv entspringt. Da die Moderne ein globales Phä nomen ist, das zahlreiche Kulturen bis heute in einen ö konomischen und kulturellen Ü berlebenskampf hineinzwingt, ist ein globaler Diskurs ü ber Moderne, in dem sich die Denkformen aller Kulturen einbringen kö nnen, ein Gebot der Stunde. In diesem Sinn versteht sich der vorliegende Band als ein Beitrag zu einem planetarischen Dialog ü ber die Moderne. Interkulturelle Dialoge stehen jedoch vor mannigfachen methodischen und inhaltlichen Problemen, die bereits mit der begrifflichen Festlegung von Themen einsetzen. So ist, wie die Beiträ ge von Hasan Hanafi und Wolfgang Knö bl aufzeigen, der Begriff »Moderne« nicht nur ä uß erst vieldeutig, sondern enthä lt eine gerade fü r einen interkulturellen Dialog zugleich belastetende Semantik. Denn der Begriff der »Moderne« fungiert seit dem 19. Jahrhundert als eine Schlü sselkategorie fü r europä ische Selbstverstä ndigungsdiskurse, in denen andere Kulturen zumeist in eurozentrischen Verengungen wahrgenommen worden sind. Trotz der semantischen Hypothek ist in den letzten Jahrzehnten eine beachtliche Vielfalt an Modernetheorien auß erhalb der Grenzen der westlichen Welt entstanden. Aus der Fü lle unterschiedlicher Ansä tze werden in diesem Band Beiträ ge von AutorInnen aus dem arabischen, lateinamerikanischen und europä ischen Denken prä sentiert, die auf einem Symposium in Wien 2009 aufbauen. Darin sollte einerseits die Fixierung auf dualistische Dialog- Konstellationen zwischen Europa und einer anderen Kultur ü berwunden und andererseits der Sü d-Sü d-Dialog gefö rdert werden.
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