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Dielmann Axel, Belletristik, Brandzeichen (Deutsch, Helge Nyncke, 2020)
20,00 €
Es gibt Nachrichten, die lassen uns kalt, unabhängig von ihrer tatsächlichen Tragweite. Andere dagegen bewegen viele Menschen tief, auch wenn sie einigen kaum der Aufregung wert erscheinen. Entscheidend ist dabei zumeist der Grad der eigenen Betroffenheit, also die einfache Frage: Was hat das alles mit mir zu tun?Am 1. Mai des Jahres 2017 brennt der Morgentau-Pavillon im Koreanischen Garten am Rande des Grüneburgparks in Frankfurt am Main. Komplette Zerstörung. Genau einen Monat später, am 1. Juni folgt der Wasser-Pavillon im Chinesischen Garten im Bethmannpark. Rettungslos verloren. Am 12. Oktober schließlich der berühmte Goetheturm am Rand des Stadtwalds hoch über der Stadt. Abgebrannt bis auf die betonierten Sockel. Alles vernichtet. Alles bedeutende kulturelle Bauwerke aus Holz. Alle verbrannt immer zur selben nächtlichen Stunde um 3:30 Uhr. Genau wie der Atzelbergturm bei Kelkheim im nahen Taunus am 3. Juli und die Waldorfkita am 23. Oktober. Am 21. Januar 2018 dann das so genannte Blaue Haus am Mainufer, am 20.03. das Eingangsgebäude des Strandbades Niederroden sowie mehrere Gartenhütten im Stadtbereich über die Jahre verteilt. Alles vermutlich Brandstiftung, fast alles zur selben Tatzeit inszeniert, alles mit vernichtendem Erfolg. Mutwillige Zerstörung. Welche Niedertracht, Gemeinheit, Grausamkeit. So viel Schönheit ein für alle Mal getilgt, so viele Erinnerungen an sommerliche Ausflüge, Picknicks, stille Einkehr oder lachendes Kindergewusel weggewischt, weggebrannt, weggerissen aus dem kollektiven Gedächtnis einer ganzen Stadt.Oh diese Wut! Diese hilflose Verzweiflung, dieser Verlust des Glaubens an das Gute im Menschen, die unzähligen Verwünschungen und die abgrundtiefe Verachtung für den, der so was tut, der anderen so etwas antut. Diese Sinnlosigkeit. Diese Missachtung gemeinschaftlicher Werte. Die Verletzung ganz privater Erinnerungen und Gefühle. Als hätte jemand das Familienalbum geplündert, unersetzbare Fotos herausgerissen, gestohlen, vernichtet, als hätte jemand brutal in das eigene Leben eingegriffen, einen geliebten Teil davon gestohlen, geschändet, ausradiert. Vor allem nach dem Brand des Goetheturms, dieses weithin bekannten und tief verwurzelten Wahrzeichens der Stadt. Die Leute stehen komplett unter Schock, treffen sich an den noch qualmenden Brandstätten wie an Orten eines Anschlags, verweilen in stiller Trauer, verstricken sich in hitzige Diskussionen, füllen Leserbriefspalten mit erschütterten Trauerbekundungen, sammeln Geldspenden für den Wiederaufbau, versuchen sich mit solidarischen Willensbekundungen zur baldigen Wiederherstellung des alten Zustandes gegenseitig zu trösten. Eines Zustandes, dessen Verlust die allermeisten nicht akzeptieren wollen, dessen verstörende Veränderung ihnen echte Seelenpein beschert und dessen provokante Verneinung ihres Wertesystems nicht geduldet werden kann. Das darf einfach nicht passieren. So etwas darf nicht ungesühnt bleiben. Und so etwas muss schnellstens wieder in Ordnung gebracht werden. Anders kommt der aufgewühlte Zorn nicht zur Ruhe, irren die heimatlos gewordenen Erinnerungen und Gefühle wie aufgescheuchte Vögel durch das schöne Bild einer heilen, heiteren und heiß geliebten Vergangenheit.All das ist zutiefst verständlich und nachvollziehbar. Die Meisten würden ganz spontan erst mal so denken und fühlen. Aber im Leben ist es selten so einfach und übersichtlich, wie man im ersten Moment subjektiv und auch kollektiv empfindet.Angenommen es ist ganz anders gewesen als wir denken. Angenommen, der Schock über diese scheinbar sinnlosen Taten ist noch harmlos gegen den, der sich einstellt, wenn man die Wahrheit erfährt. Dass dahinter womöglich keine gedankenlosen Zündeleien übermütiger Jugendlicher oder gewissenlose Anschläge eines notorisch alkoholisierten Vollidioten oder Ähnliches stehen, sondern eine ganz andere, unfassbare und in ihrer Tragweite zutiefst erschütternde Geschichte. Eine Ereigniskette, die Perspektiven in kaum vorstellbare Abgründe, in Leben.
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